GEWINNUNG & NUTZUNG




Ultrafiltrationssystem in der humanitären Hilfe

Sicheres Trinkwasser to go 

Bildrechte: ©arche noVa, Axel Fassio

In Deutschland ist sicheres Trinkwasser eine Selbstverständlichkeit, weltweit fehlt mehr als zwei Milliarden Menschen der Zugang dazu. Besonders von Wasserknappheit bedroht sind die abgelegenen und unterversorgten Gebiete in vielen Ländern des Globalen Südens. Um in diesen Regionen eine schnelle und nachhaltige Versorgung mit sauberem Trinkwasser sicherzustellen, braucht es innovative und gleichzeitig möglichst unkomplizierte Technologien. Als Hilfsorganisation, die sich auf die Bereiche Wasser, Sanitär und Hygiene (kurz WASH) spezialisiert hat, kennt und nutzt arche noVa – Initiative für Menschen in Not diese Technologien. 

Eine Lösung, deren Effizienz und Praktikabilität arche noVa bereits in zahlreichen Hilfsprojekten überzeugen konnte, ist der SkyHydrant von SkyJuice. Der Entwickler der SkyHydrant-Technologie, ist eine gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, nachhaltige Lösungen für die Wasserversorgung zu schaffen. Insgesamt werden die Produkte des Herstellers in mehr als 65 Ländern eingesetzt. Der SkyHydrant vereint zahlreiche Vorteile in sich, die ihn zu einer effizienten Möglichkeit der Trinkwasseraufbereitung in komplizierten Umgebungen machen. Die technologische Grundlage des SkyHydrant ist der Prozess der Ultrafiltration.

Zur Aufbereitung von Wasser kommen häufig Membrantrennverfahren wie Mikrofiltration und Ultrafiltration zum Einsatz. Filterverfahren wie diese nutzen eine semipermeable Membran, also ein flächiges, teildurchlässiges Material, dessen Poren zwar das Wasser, nicht aber die zu entfernenden Verschmutzungen passieren lassen. Welche gelösten oder ungelösten Stoffe dabei separiert werden, hängt von der Porengröße der verwendeten Membran ab. Weil diese Poren bei der Mikro- und Ultrafiltration sehr klein sind, braucht es hinreichend Druck, um die Flüssigkeit durch den Filter zu zwingen.

Als druckgetriebene Trennverfahren machen sich Mikro- und Ultrafiltration also physikalische Prinzipien zunutze. Daher verwundert es nicht, dass sie nicht nur im Rahmen der Trinkwasseraufbereitung, sondern auch in der Lebensmittelindustrie, Biotechnologie und pharmazeutischen Produktion genutzt werden. 

Der bei Mikro- und Ultrafiltration eingesetzte Membranfilter kann als Dead-End- oder Cross-Flow- Filter konstruiert sein. Während Dead-End-Filter den Zulauf vollständig durch die Membran drücken, fließt der Zulauf bei Cross-Flow-Filtern über die Membran, wodurch er nicht komplett gefiltert wird. Am häufigsten werden bei der Wasseraufbereitung Dead-End-Filter genutzt. Cross- Flow-Filter sind vor allem bei der Separation von Flüssigkeiten mit hohem Partikelaufkommen beziehungsweise hohem Konzentrationsgradienten sinnvoll. In diesen Fällen würde sich am Dead-End-Filter schnell ein Filterkuchen bilden, mit dem Cross-Flow-Prinzip lässt sich dies vermeiden.

Bildrechte: ©arche noVa, Axel Fassio

Mikrofiltration unzureichend

Hauptunterschied zwischen beiden Verfahren ist die Ausschlussgröße der Poren. Sie liegt bei der Ultrafiltration bei 0,1–0,01 Mikrometer, bei der Mikrofiltration hingegen sind es nur 0,5-0,1 Mikrometer. Für die Entfernung von Partikeln, Protozoen und Bakterien sind beide Methoden ähnlich gut geeignet, Viren können durch Ultrafiltration hingegen deutlich besser entfernt werden. Insbesondere bei der Trinkwasseraufbereitung in der humanitären Hilfe ist diese Eigenschaft von essenzieller Bedeutung.


Aufbau einer Ultrafiltrationsanlage

Typischer Aufbau einer Ultrafiltrationsanlage zur Trinkwasseraufbereitung (Quelle: www.emergency-wash.org/)

Das Kernstück jeder Ultrafiltrationsanlage sind die Membranmodule. Sie bestehen in der Regel aus kleinen, fadenförmigen Polymer-Hohlfasern, die aufgrund ihrer hohen Packungsdichte (je nach Anlagentyp 2.000–15.000 Quadratmeter/Kubukmeter) in zylindrischen Behältern oder Tanks montiert werden. Die meisten Dead-End-Ultrafiltrationsanlagen laufen mit konstantem Durchfluss und einem Transmembrandruck im Bereich von 0,5 bis 1 bar. Einige Systeme (wie auch der SkyHydrant) sind für den Betrieb mit Schwerkraft ausgelegt, arbeiten also mit konstantem Druck und variablem Durchfluss.

Neben der Membran gehört zu einer Ultrafiltrationsanlage für gewöhnlich ein Steuersystem, das die Betriebsbedingungen regelt, darunter auch die regelmäßige Rückspülung. Bei diesem Prozess wird in einem Abstand von 20 bis 30 Minuten gefiltertes Wasser durch die Membran zurückgeführt. Die während der Filtration auf der Membranoberfläche angesammelten Partikel werden dabei aus dem Filtersystem entfernt, ebenso wie der Filterkuchen. Während dieses circa zwei bis drei Minuten andauernden Prozesses produziert die Anlage kein Filtrat. Die Durchführung beziehungsweise Überwachung der Rückspülung verlangt bei den meisten Anlagen nach entsprechend geschultem Fachpersonal. Und auch die Entsorgung des Retentats muss sorgfältig bedacht werden, da es die aus dem Wasser gefilterten Verunreinigungen enthält. Je nach Zusammensetzung und örtlichen Vorschriften kann das Retentat zurück zur Quelle geleitet, in die kommunale Kanalisation entsorgt, verdünnt und zur Bewässerung verwendet oder vor der Entsorgung vor Ort behandelt werden.

Dank ihrer modularen Funktionsweise lassen sich Ultrafiltrationsanlagen in verschiedenen Kontexten einsetzen – als einstufige Filtration, aber auch als Vorbehandlungsschritt zur Reduzierung der Trübung für die Umkehrosmose.

Ultrafiltration in der humanitären Hilfe

Bei der Nutzung der Ultrafiltration zur Trinkwasseraufbereitung in der humanitären Hilfe braucht es transportable Anlagen. Denn die Regionen, in denen es keinen oder erschwerten Zugang zu sicherem Trinkwasser gibt, sind oft abgelegen und nicht leicht zu erreichen. In solchen Anwendungsszenarien nutzt arche noVa kompakte Technologien wie den SkyHydrant von SkyJuice – eine innovative Ultrafiltrationslösung, die für exakt solche Anwendungsszenarien entwickelt wurde.

Der Filtrationsprozess 

Im ersten Schritt des Filterprozesses fließt das zu reinigende Wasser mit niedrigem Druck in den SkyHydrant. Um den Druck zu erzeugen, kann entweder der Schwerkraftdruck aus einem oben liegenden Tank oder eine kleine Pumpe mit Druckminderer genutzt werden. Befindet sich das Wasser im Inneren des SkyHydrant, passiert es die antihaftbeschichteten Filterfasern. Dort werden die Verschmutzungen in mikroskopisch kleinen Poren gefangen, sodass ausschließlich gereinigtes Wasser den Filter verlassen kann.

Damit das System kontinuierlich arbeiten kann und nicht verstopft, kombiniert der Hersteller die Passive-Membrane-Technologie mit der Shake & Flush Reinigung. Dabei werden die eingeschlossenen Verunreinigungen regelmäßig aus der Membran herausgeschüttelt und abgeleitet. Das Besondere an dieser Art der Rückspülung: Sie kann (im Vergleich zu den meisten anderen Anlagen) ohne zusätzliche Fachkenntnisse durchgeführt werden. Das Lösen der Verunreinigungen aus dem Inneren des Geräts erfolgt manuell durch ein Hin- und Herbewegen der Griffe am SkyHydrant. Anschließend sinken die Verunreinigungen auf den Boden und werden durch einen Entsorgungsablauf hinausgespült. Der Prozess nimmt nur wenige Minuten pro Tag in Anspruch und hat so keinen nennenswerten Einfluss auf den Durchsatz. Der kombinierte Einsatz von Shake & Flush und der Passive-Membrane-Technologie ist vom Hersteller patentiert.

SkyHydrant-Filtersystem zur Wasseraufbereitung in Denan, Äthiopien. Bildrechte: ©arche noVa, Axel Fassio

Die Nutzung dieses Prinzips macht die Wasserreinigung mit dem SkyHydrant kostengünstig. Gleichzeitig sind die Geräte robust und leicht, sodass sie ohne Probleme zu entlegenen Standorten transportiert werden können. Für die Installation und Inbetriebnahme wird vergleichsweise wenig Ausrüstung benötigt – der SkyHydrant kann binnen weniger Minuten einsatzbereit sein.


Parameter und Setups

Die folgenden Parameter müssen bei der Einrichtung eines SkyHydrant berücksichtigt werden:

    1


    Um sicherzustellen, dass der SkyHydrant nicht durch übermäßigen Druck beschädigt wird, muss der Wasserdruck kontrolliert werden.

    2


    Die Membran der Anlage sollte zu jeder Zeit feucht sein. Wasserstandkontrollgeräte sorgen deshalb dafür, dass der Wassertank stets voll ist, ohne überzulaufen.

    3


    Je nach Wasserqualität kann eine Vorfilter-Vorrichtung sinnvoll sein, um eine übermäßige Verstopfung oder Fehlfunktionen zu vermeiden.

    4


    Sofern im Trinkwasser Verunreinigungen enthalten sind, die der SkyHydrant nicht entfernen kann, sind zusätzliche Behandlungsverfahren notwendig.

    5


    Der SkyHydrant kann in verschiedene Setups integriert werden: als reines Schwerkraft- oder Pumpen-System, kombiniertes Pumpen-Schwerkraft-System oder Solarpumpen- System. Für Notfälle gibt es darüber hinaus spezielle Setups, die binnen kürzester Zeit einsatzbereit sind.

Trotz seiner kompakten Maße kann der SkyHydrant große Mengen an gefiltertem Wasser erzeugen. Er ist in der Lage, täglich 10.000 Liter Wasser zu reinigen und so den Bedarf von 500 bis 1.000 Menschen zu sichern. Für die Nutzung in ländlichen, schwer zugänglichen Gebieten ist er damit gut geeignet. Für größere Bedarfe ist auch eine Nutzung in Form von Mehrfachanlagen möglich.

Der SkyHydrant kann sowohl für die Filterung von Grundwasser aus Brunnen oder Zisternen als auch für nicht-salzhaltiges Oberflächenwasser – also in Seen, Dämmen, Flüssen oder Wasserlöchern – eingesetzt werden. Die Zuverlässigkeit der Entfernung von Krankheitserregern, Schmutz und Trübungen durch den SkyHydrant ist durch die WHO bestätigt. arche noVa nutzt die Technologie zur Deckung des kurz- und langfristigen Trinkwasserbedarfs.

Der SkyHydrant lässt sich schnell und einfach einrichten und produziert sofort sauberes Wasser. Für die Einrichtung, den Betrieb und die Wartung des Geräts sind keine technischen Fähigkeiten oder besonderen Kenntnisse erforderlich.


Auf einen Blick: Vorteile der Ultrafiltration mit dem SkyHydrant

1

Hohes Filtervolumen von bis zu 10.000 Litern pro Tag

2

Niedrige Investitionskosten und überschaubare laufende Kosten

3

Leichte und tragbare Konstruktion

4

Einfache Einrichtung in 20 Minuten

5

Problemloser manueller Betrieb, keine zusätzliche Stromzufuhr nötig

6

Einfache und schnelle Reinigung

7

Filter hält bis zu 10 Jahre oder länger ohne Austausch

8

Keine technischen Kenntnisse für Einrichtung oder Wartung erforderlich

9

Freistehend oder an der Wand montierbar

10

Kein Strom oder Chemikalien für die Filtration erforderlich

11

Effektive Filterung von Grund- und Nicht-Salzwasser

Technische Eckdaten des Systems:

1

Material der Membran: PVdF

2

Porengröße (m): 0,04

3

Maximal empfohlene Partikelgröße des Zulaufs (m): 500

4

Maximal empfohlene Trübung des Zulaufs (NTU): 500

5

Trübung des gefilterten Wassers (NTU): <0,1

6

Log-Reduktionswert für Partikel 2–5 m (LRV): >4

7

Empfohlener Mindestdifferenzdruck: 0,5 m

8

Maximal empfohlener Differenzdruck (m): 4,0 m

9

Minimale Nennleistung (Liter/Stunde): 400

10

Maximale Nennkapazität (Liter/Stunde): 500 GEM &1000 MAX

Bildrechte: ©arche noVa, Axel Fassio

Fallbeispiel: Trinkwasseraufbereitung in Äthiopien

​arche noVa hat in den vergangenen 15 Jahren viele Erfahrungen mit dem SkyHydrant gemacht. Insgesamt konnten weltweit circa 50 Filter installiert werden – unter anderem in Ecuador, Uganda, Nepal, Philippinen, Indonesien, Haiti und im Osten von Äthiopien. Hier wurde ein Projekt im Somali-Regionalstaat, einer der am wenigsten entwickelten Regionen Äthiopiens, realisiert.

Landwirtschaft und pastorale Tierhaltung sind seit Generationen die Lebensgrundlage der dort lebenden Familien, sie sind auf den Wechsel von Trocken- und Regenzeiten eingerichtet. Aufgrund der Klimakrise gerät das überlebenswichtige Gleichgewicht mehr und mehr in Gefahr. Auf der Flucht vor der lebensbedrohlichen Trockenheit haben sich viele an den Ufern des Shabelle niedergelassen. Das Wasser, das der größte Fluss der Region führt, ist allerdings von schlechter Qualität und verursacht häufig schwere Infektionen.

Weil die betroffenen Flussgemeinden nur schwer zugänglich sind, bot sich der Einsatz eines SkyHydrant als Kernstück einer Trinkwasseraufbereitungsanlage an. In Kombination mit Hochtanks, Leitungen und einer Pumpe für die Entnahme des Rohwassers aus dem Fluss wurde für die Bewohner:innen eine sichere und autark arbeitende Wasserquelle geschaffen. Die Energie, die für die Pumpe benötigt wird, liefern Solarpaneele. 

Ein positiver Nebeneffekt der Flussentnahme-Systeme am Shabelle: Ihr Einsatz ermöglicht eine bessere Bewässerung der Felder am Flussufer und steigert so die landwirtschaftlichen Anbaumöglichkeiten und Erträge. Weil die Kanäle der Anlage nicht nur in die Erde gegraben sind, sondern mit u-förmigen Zementelementen ausgekleidet werden, geht auf dem Weg zur Wasserausgabe kein Wasser durch Versickern verloren. Entlang der Kanäle wurden zudem Obstbäume gepflanzt, die Schatten spenden und deren Früchte die Versorgung der Bauernfamilien bereichern beziehungsweise verkauft werden können. Die Bau- und Pflanzarbeiten wurden in enger Kooperation mit den Menschen vor Ort umgesetzt. Sie erhalten ausführliche Schulungen zu Betrieb und Wartung der Wassersysteme sowie zu Pflanzenbau, Agroforstwirtschaft und Viehhaltung.