GEWINNUNG & NUTZUNG

Vergleichende Untersuchung in einem Wasserwerk zur Trinkwasseraufbereitung 

Rückhaltung von Pflanzenschutzmittel-Metaboliten

Durch die Verschärfung der Trinkwasserverordnung und der PFAS-Thematik (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) hat das Thema Trinkwasser gerade in diesem Jahr massiv an Bedeutung gewonnen. Da es unser wichtigstes Lebensmittel ist und nicht ersetzt werden kann, liegt die Brisanz auf der Hand, wenn es neue Skandale um verunreinigte Trinkwasservorkommen durch Umweltkatastrophen oder menschengemachte Umweltskandale gibt, da belastetes oder verunreinigtes Trinkwasser jeden Menschen erreichen könnte. 

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Daher wird die Qualität des Trinkwassers durch die Trinkwasserverordnung, sowie verschiedene Leitlinien, rechtliche Grundlagen oder Regelwerke strikt gesetzlich reglementiert. Insbesondere da über die Jahrzehnte auch die Inhaltsstoffe von Trinkwasser vielfältiger und komplexer geworden sind, so zum Beispiel durch Medikamenten- oder PFAS-Rückstände.  

Bei PFAS handelt es sich um einen Sammelbegriff für sogenannte Ewigkeitschemikalien (PFAS: Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) welcher rund 10.000 künstliche Stoffe umfasst. Diese begegnen uns im Alltag in verschiedenster Form: Kleidung, Kosmetikartikeln, beschichteten Pfannen. Da diese Chemikalien extrem stabil sind, können sie sich in der Umwelt ablagern - auch im menschlichen Körper - und werden dort kaum abgebaut. Über Kläranlagen gelangen sie in Flüsse, Seen und Meere, welche dann entsprechend intensiv mit unseren leistungsfähigen Aktivkohleprodukten gefiltert werden müssen, um den Kreislauf zu durchbrechen. Nachfolgend wird umfassend einen Versuchsaufbau mit einem Wasserwerk zur Trinkwasseraufbereitung erläutert.

Ziel des Tests

Das Wasser durchläuft einige Prozessschritte, nachdem es aus Grund-, Quell- oder Oberflächenwasser als Rohwasser gefördert, verarbeitet und schließlich bei uns zu Hause als Trinkwasser aus dem Wasserhahn fließt und für Erfrischung sorgt.  Daher ist das Trinkwasser in Deutschland eines der am besten und strengsten kontrollierte Lebensmitte. Zu den eingesetzten Reinigungsverfahren in der Trinkwasseraufbereitung gehört oftmals ein Aktivkohlefilter. Dieser sorgt für die Adsorption gelöster organischer Stoffe. Zudem wird Aktivkohle auch für die Entchlorung oder Entozonung eingesetzt, wenn das Wasser mithilfe von Chlor, Ozon oder weiterer Oxidationsmittel desinfiziert wurde.   

Derzeit wird hauptsächlich Aktivkohle auf Steinkohlebasis für die Aufbereitung eingesetzt. Doch auch hier ist die Nachfrage nach nachhaltigen Alternativen vorhanden. In diesem Rahmen 2021 wurde eine Kooperation mit einem öffentlichen Trinkwasserversorgen in Baden-Württemberg geschlossen.  In einer Versuchsreihe soll die Rückhalteleistung der zu vergleichenden Aktivkohlen in Bezug auf ausgewählte Stoffe verglichen werden. Durch die örtlichen Begebenheiten ist es möglich, zwei unterschiedliche Aktivkohlen zeitgleich zu testen. Zum Einsatz kommen zwei Granulataktivkohlen mit einer Körnung von 8x30 mesh auf Steinkohle- und Kokosnussbasis.  

Der Fokus der Analysen liegt auf den Parametern DOC (dissolved organic carbon), dem Pflanzenschutzmittel Chloridazon und Iso-Chloridazon den Metaboliten Desphenyl-Chloridazon  (Metabolit B) und Methyl- Desphenyl-Chloridazon  (Metabolit B1). 

Ziel des Versuches ist die Aufnahme von Durchbruchskurven bzgl. des DOC und der beiden Chloridazon-Metaboliten. Dafür ist jeder Filterbehälter mit 4 Probenahmestellen entlang der Aktivkohle-Schüttung ausgerüstet (Ebene 1, ~ 2, ~3, ~ 4). Die Ebenen sind in Strömungsrichtung von oben nach unten nummeriert, so dass Ebene 1 sich ca. 50 cm nach dem Eintritt des Wassers im Filter befindet und Ebene 4 sich kurz vor dem Austritt des Wassers am Düsenboden sich befindet. 

Darüber hinaus werden bei jeder Probenahme auch die Werte im Rohwasser und im aufbereiteten Mischwasser nach der Aktivkohle-Stufe ermittelt. Vor dem Start der Versuchsreihe wurde ein Probennahmeplan mit dem Trinkwasserversorger abgesprochen. Dieser sieht eine Bestimmung der Parameter etwa alle 4.000 Bettvolumina (BV vor. Die Werte sind den unterschiedlichen Probenahmestelle zugeordnet

Zwischenbilanz nach 17 Monaten

  • Die Lage des Trinkwasserwerkes ist in einem ländlichen Einzugsgebiet, in dem Ackerbau betrieben wird als auch Waldgebiete umfasst. 
  • Da es ich um ein Wasserwerk zur Fassung des Rohwassers und der Voraufbereitung handelt, genügen als Aufbereitungsschritte eine Sedimentation mit einer anschließenden adsorptiven Stufe mit zwei parallel geschalteten Aktivkohlefiltern und einer abschließenden Desinfektion. Das so aufbereitete Trinkwasser wird zu einem weiteren Wasserwerk geleitet, wo es zusammen mit Wasser aus anderen Quellen nochmals behandelt wird. 
  • Die Belastung des Rohwassers ist allgemein sehr gering. Der DOC variiert im bisherigen Beobachtungszeitraum von 0,4 mg/l – 0,8 mg/l, und ist damit als sehr gering zu betrachten. 
  • Auch die gemessenen Konzentrationen des Chloridazons und des Iso- Chloridazons sind in allen Untersuchungen unter der Nachweisgrenze (< 0,02 µg/l).  Allerdings liegt die Konzentration der beiden betrachteten Metaboliten im Bereich zwischen 0,64 µg/l und 1 µg/l für Desphenyl-Chloridazon und bei Methyl- Desphenyl-Chloridazon zwischen 0,3 µg/l und 0,38 µg/l.


In der Zeit bis zur letzten Probennahme am 07. Juli 2023 sind etwa 1,4 Millionen Kubikmeter Rohwasser durch die beiden Aktivkohle-Filter durchgesetzt worden. Dabei ist eine 50:50 -Aufteilung auf beide Filter vorgesehen. Zu Beginn der Versuche hatte sich dies allerdings als schwierig einzustellen erwiesen, da nur die Höhe der Füllung der Aktivkohle nach der Rückspülung in den beiden Filterbehältern als Maß zur Verfügung stand. Daher startete der Test mir einer Aufteilung des Durchflusses von 49 Prozent (steinkohlebasierte AK) zu 51 Prozent (kokosnussschalenbasierte AK). In diesem Zusammenhang ist interessanter weise zu nennen, dass sich die Verteilung des Durchsatzes innerhalb der 17 Monate leicht zugunsten der Kokosnusskohle  verschoben hat (aktuell 52,1 Prozent).

Abbildung 1: Durchsatz des Filters 3 (F3; steinkohlebasiert) und des Filters 4 (F4; kokosnussschalenbasiert) in Bettvolumina 

Rückhaltung DOC

Bei dem Parameter DOC (Dissolved organic carbon = Gelöster organischer Kohlenstoff) lässt sich erkennen, dass bei beiden Filtern ein spontaner Durchbruch stattfindet. Beim Filter 4 (Kokosnusskohle) liegt der Punkt bei etwa 29 Prozent, im Filter 3 (Steinkohle) etwas niedriger bei ca. 14 Prozent. 

Über die Laufzeit bis heute hinweg steigt die Konzentration des DOC auf der Ebene 4 (kurz vor dem Austritt des Filters) kontinuierlich an und es ist bei beiden Filtern aktuell ein voller Durchbruch des DOC zu erkennen. Dieses Verhalten steht im Widerspruch zu anderen vergleichbaren Untersuchungen, bei denen sich über die Laufzeit eine konstante Rückhalterate des DOC von 5 – 15 Prozent einstellt. Eine der möglichen Ursachen für dieses abweichende Verhalten könnte die niedrige Wassertemperatur von circa 10,7 Grad Celsius im Mittel sein und eine damit verbundene sehr geringe Besiedelung von Bakterien auf der Aktivkohle-Schüttung. 

Während der Versuche lag die Konzentrationen von Chloridazon und Iso-Chloridazon im Rohwasser dauerhaft unter der Nachweisgrenze von 0,02 µg/l. Daher ist eine Wirkung der Aktivkohle-Stufe nicht darstellbar. Aus diesem Grund wird an dieser Stelle auf die Darstellung der Ergebnisse verzichtet.

Abbildung 2: Exemplarische Konzentrationsverläufe des DOC; Rohwasser (c0); Filter 3-Ebene 4, Filter 4-Ebene 4 

Rückhaltung Metabolit B 

In der Versuchsreihe konnte gezeigt werden, dass der Metabolit B je nach Aktivkohle-Typ unterschiedlich lange vollständig zurückgehalten wird. Bei dem steinkohlebasierten Material ist ein beginnender Durchbruch auf der Ebene 1 (am nächsten zum Einlass des zu behandelnden Wassers gelegen) nach etwa 7.000 h Betrieb festzustellen.  Auf der Ebene zwei desselben Filters ist nach etwa 9.000 h Betrieb der Durchbruch festzustellen.; Auf Ebene 3 und damit auch auf Ebene 4 liegt eine vollständige Rückhaltung nach aktuell 12.000 h noch vor. Am Filter 4 ist selbst auf der Ebene 1 bis zum aktuellen Stand (12.000 h Betrieb) noch kein Durchbruch zu erkennen. Somit auch nicht auf allen nachfolgenden Ebenen. 

Abbildung 3: Exemplarische Konzentrationsverläufe für dem Metabolit B innerhalb Filter 3 (Ebene 1, ~ 2, ~ 3) und Filter 4, Ebene 1 

Rückhaltung Metabolit B1 

Ein ähnliches Bild wie für die Rückhaltung des Metabolit B zeigt sich für die Rückhaltung des Metabolit B1. Auch hier zeigen sich beim Filter 3 mit der steinkohlebasierten Aktivkohle bereits Durchbrüche, wohingegen bei Filter 4 (Kokosnusskohle) noch eine vollständige Rückhaltung erfolgt. 

Abbildung 4: Exemplarische Konzentrationsverläufe für dem Metabolit B1 innerhalb Filter 3 (Ebene 1, ~ 2, ~ 3) und Filter 4, Ebene 1 

Fazit & Ausblick 

Ausgang für die Versuche war die Beurteilung und Bewertung einer kokosnussbasierten Aktivkohle im direkten Vergleich zu einer steinkohlebasierten Type in der Trinkwasseraufbereitung. Bis zum aktuellen Zeitpunkt laufen die Versuche noch. Dennoch können bereits erste Erkenntnisse im Hinblick auf das Rückhaltvermögen der festgelegten Parameter gezogen werden.   

  • Beim Parameter DOC ist bereits ein Durchbruchsverhalten gut zu erkennen.  Hier kann bereits eine Bilanzierung und damit eine Abschätzung der Beladung für beide Aktivkohlen erfolgen. 
  • Entgegen der ersten Erwartungen bei der Rückhaltekapazität der beiden Metaboliten B Und B1 des Pflanzenschutzmittel Chloridazon zeigt die Aktivkohle auf Kokosnussschalenbasis eine höhere Kapazität erreicht. Der Versuch wird weitergeführt bis zum Durchbruch der beiden Metaboliten auf der 4 Eben beider Filter, um so die Kapazität der beiden Aktivkohlen hinsichtlich dieser beiden Substanzen zu ermitteln und um deren Massentransferzone zu bestimmen. 
  • Wie in der Trinkwasseraufbereitung üblich werden die beiden Aktivkohlen reaktiviert und im Hinblick auf Restbeladungen analysiert. 

Durch diesen Versuch konnte bereits bis zu diesem Zeitpunkt gezeigt werden, dass eine Kokosnussaktivkohle eine sehr gute Alternative zu Steinkohleprodukten ist.

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Autor


Dipl.-Ing. Jan Raiser

CarboTech AC GmbH