PROZESSAUTOMATISIERUNG & DIGITALSIERUNG




Alterungsprognosen von Abwasser- und Wassernetzwerken 

Asset Management dank Machine Learning 

Deutschlands öffentlichen Kanalnetze sind zusammen über eine halbe Million Kilometer lang. Um diese wertvolle Infrastruktur erhalten, benötigen Betreiber Auskunft über den aktuellen Zustand ihres Kanalnetzes sowie die Möglichkeit zukünftige Sanierungen effizient zu planen

SEMAplus ist ein Software-Tool zur Vorhersage von Kanalalterungen. Es wurde durch das Kompetenzzentrum Wasser Berlin in enger Zusammenarbeit mit den Berliner Wasserbetrieben, des größten kommunalen Wasserversorgers und Abwasserentsorgers Deutschlands, direkt für die Praxis entwickelt und ist in Berlin seit 2019 in der betrieblichen Anwendung. Derzeit wird SEMAplus hier bereits für über 10.000 km Abwasserkanalnetzwerke eingesetzt, um die jährliche finanzielle Planung der Kanalsanierung zu optimieren. 

Das Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB) ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die seit 2001 besteht und in Forschungsprojekten praxisnahe Lösungen für die Herausforderungen des Wassermanagements entwickelt. SEMAplus liefert mithilfe datenbasierter statistischer Verfahren und künstlicher Intelligenz innovative, nachhaltige und nicht zuletzt kostensparende Lösungen für diese Herausforderungen.

Das Tool liefert schnell und präzise Informationen und bietet somit die Grundlage für zielgerichtete kurzfristige Instandhaltungen sowie langfristige Investitionsplanungen. SEMAplus benötigt dafür Inspektionsdaten, Informationen zu Material und Alter sowie Daten zu weiteren alterungsrelevanten Kanaleigenschaften und Umweltfaktoren, wenn vorhanden. Das Tool nutzt statistische Methoden sowie Verfahren des maschinellen Lernens. Die Prognosen basieren auf den erfassten Daten zum Bestand und Zustand des Kanalnetzes. Über die Simulation unterschiedlicher Sanierungsstrategien zur Zustandsentwicklung der Kanäle kann ein maßgeschneidertes und optimiertes Sanierungskonzept gemäß individueller Anforderungen erstellt werden.   

Präzision

Die SEMAplus Simulatoren vereinen das Ergebnis internationaler, wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung im Bereich des Asset Managements mit den Anforderungen eines Kanalnetzbetreibers für ein Prognosewerkzeug mit Mehrwert. Wie in KWBs Forschungsarbeit üblich, werden zusätzlich zu den Simulationsergebnissen wissenschaftlich fundierte Angaben zur Verlässlichkeit der Prognosen und zu möglichen Unsicherheiten bereitgestellt. Daher können die Simulatoren auch bei lückenhafter Datenlage validierte Prognosen berechnen. Dazu sind die Simulatoren flexibel und präzise auf unternehmensspezifischen Einflussfaktoren anpassbar. 

Unabhängigkeit

Mit SEMAplus können Betreiber die Zustandsentwicklung ihres Netzes selbstständig simulieren und ihre Sanierungsstrategie jederzeit anpassen. Sie erhalten und bedienen die Simulatoren selber und können hierdurch Szenarien in unbegrenzter Anzahl berechnen. Zudem können sie jederzeit eigenständig überprüfen, ob die Sanierungsstrategie die gewünschten Ergebnisse erzielt, beispielsweise über ein betriebliches Monitoring. 

Transparenz

Die Programmierung der Simulatoren ist vollständig transparent, jeder einzelne Berechnungsschritt ist nachvollziehbar. Es gibt keine geschlossenen Bereiche und keine Black Box. Das gilt auch für die Simulationsergebnisse. Diese werden als Inspektions- und Sanierungsvorschläge sehr detailliert gemäß der jeweiligen Netzcharakteristik aufbereitet. Verantwortliche erhalten Empfehlungen zu Inspektionsschwerpunkten und dazu, mit welcher Sanierungslänge in welchem Netzanteil in welchem Jahr sich die gewählte Strategie umsetzen lässt.

SEMAplus-Community

Anwender haben auch die Möglichkeit sich einer wachsenden Community anzuschließen, welche die Simulatoren gemeinsam weiterentwickelt und optimiert, inklusive kostenfreier Upgrades. Dieser Community gehört mit den Berliner Wasserbetrieben der größte kommunale Wasserver- und Abwasserentsorger Deutschlands an.  

Anwendungsbeispiel: SEMAplus in Lausanne 

Mit der Einführung des Software-Tools für Alterungsprognosen von Abwasser- und Wassernetzwerken, SEMAplus, macht die Schweizer Stadt Lausanne einen großen Schritt in Richtung Zukunft des Wasser-Managements. Hiermit können sie das Problem alternder Wasser- und Abwassernetzwerke, das erhebliche Investitionen für die Sanierung erfordert, auf neuartige Weise angehen. Die auf Machine Learning basierende Software-Lösung liefert schnelle und präzise Informationen zur Lokalisierung dringender Sanierungsbedarfe und bietet die Grundlage für langfristige Investitionsplanungen. Selbst mit einer geringen Menge an Inspektionsdaten macht das Tool den Prozess der Wartungsplanung viel einfacher. 

In Lausanne wird SEMAplus implementiert und an die spezifischen Anforderungen angepasst sowie in das bestehende Asset Management von der Datensammlung bis zur Priorisierung von Kanalhaltungssanierungen integriert. Dabei wird das Tool um ein neues Modul erweitert, das den Zustand von Kanälen automatisch anhand von Kanalinspektionsberichten durch CCTV-Kameras bewertet. Aus der Modellierung ergibt sich eine Rangliste sowohl aller inspizierten als auch nicht inspizierten Abwasserkanäle, die nach ihrem unmittelbaren Sanierungsbedarf sortiert sind.

Um die Genauigkeit von Vorhersagen zu verbessern, wird SEMAplus auch neue Machine-Learning-Techniken nutzen. Die Modellierungsgenauigkeit ist von besonders hoher Relevanz, da die Ergebnisse sofort zur Entscheidung über lokale Bauarbeiten verwendet werden können. Ein weiteres spezielles Modul wird für die Priorisierung der Sanierungsbedürfnisse von Kanalhaltungen entwickelt, die besonders das Risiko und die Folgen von Ausfällen berücksichtigen. Die zugrundeliegende Analyse wird in enger Zusammenarbeit mit Experten der französischen Forschungsinstitute Institut National de la Recherche Agronomique (INRAE) und Institut National Des Sciences Appliquées Lyon (INSA) durchgeführt. Das Modul ermöglicht die Berücksichtigung zusätzlicher Auswirkungs- oder Verwundbarkeitskriterien zur Priorisierung von Sanierungsinvestitionen, zum Beispiel unter stark befahrenen Straßen oder in Ressourcenschutzgebieten. 

Auf strategischer Ebene wird das Tool in Lausanne verwendet, um die Entwicklung des Zustands des Kanalnetzes in den nächsten zehn Jahren zu simulieren. Diese Simulation liefert der Stadt Argumente, um die Relevanz vorgeschlagener Investitionen zu belegen. Schließlich wird für das Lausanner Trinkwassernetzwerk das bestehende Tool für das Asset Management des Wassernetzwerks aufgerüstet und mit SEMAplus integriert. 

Indem es schnelle und präzise Informationen zur Lokalisierung dringender Sanierungsbedarfe liefert und eine Grundlage für langfristige Investitionsplanung schafft, wird SEMAplus das Asset Management von Abwasser- und Wassernetzwerken in der Stadt Lausanne entscheidend transformieren.