AUFBEREITUNG & BEHANDLUNG
„Nebenprodukte oder Reststoffe sollen nicht entstehen oder – nach dem Vorbild der Natur – rückstandsfrei wieder in den Stoff- und Materialkreislauf zurückgeführt werden“
Neue Materialien aus alternativen Stoffströmen
Auf Basis der aus Abwasser oder Abfall hergestellten Rohstoffe sowie anderer biogener Rohstoffe entwickelt das Fraunhofer-Team leistungsfähige Materialien. Diese haben teilweise neue und zusätzliche Funktionen und sollen künftig petrochemische Materialien ersetzen. Ein Schwerpunkt der Entwicklungen sind biobasierte Polymerblends unter Einsatz von neuartigen Additiven sowie Beschichtungsformulierungen. Die Forschenden haben dabei verschiedenste Anwendungen im Blick: Aus Rapsextraktionsschrot hergestellte Proteine dienen z. B. als Sauerstoff-Barriereschichten auf Lebensmittelverpackungen. Proteinbasierte Nanofasermaterialien aus verschiedenen Rohstoffen wie Kidneybohnen und Raps werden für die Entwicklung von Filtermaterialien, Überzugsmitteln oder Wundauflagenmaterialien eingesetzt und Nanofaservliese aus Rapsprotein versponnen.
Auch biobasierte und biogene Additive sind für die grüne Ökonomie wichtig. Viele natürliche Substanzen, wie z. B. ätherische Öle oder Enzyme, sind für ihre antibakterielle, oxidative und antioxidative oder UV-absorbierende Wirkung bekannt. Eine direkte Integration von solchen Substanzen in Polymerwerkstoffe und -Prozesse ist daher generell schwierig, da die Substanzen oft in flüssiger Form vorliegen, sehr flüchtig, reaktiv oder instabil sind. Im EVOBIO-Projekt werden biogene Substanzen daher mikroverkapselt, damit sie in Beschichtungen oder extrudierten Polymerkompositen integriert werden können.
Optimierte Produkte aus biobasierten Materialien
Speziell im Verpackungsbereich gilt biobasiertes Polyethylenfuranoat (PEF) als vielversprechender Ersatz für erdölbasiertes Polyethylenterephthalat (PET), das weltweit das dominierende Material für Fasern ist. Im Rahmen des EVOBIO-Projekts synthetisiert das Team PEF für Faseranwendungen im Technikumsmaßstab. Der Ausgangsstoff ist dabei Furandicarbonsäure. Das so gewonnene PEF lässt sich sogar mittels konventioneller Schmelzspinntechnologie verspinnen und nachbehandeln, was eine potenzielle Etablierung am Markt deutlich vereinfacht. Zudem entwickeln die Forschenden Schaumstoffe aus Formgedächtnispolymer mit biobasierten Fasern und Partikeln.
Zudem werden Materialien auf Basis von Proteinen mit wasserabweisenden Eigenschaften entwickelt. Sie sollen zukünftig halogenierte Kohlenwasserstoffe bei der Ausrüstung von Funktionstextilien ersetzen. In Kombination mit Polyglucosamin aus Chitin, das aus den Schalen und Panzern von Krebsen, Krabben oder Garnelen stammt, auf saugfähigen Papieren aufgebracht, konnten die Fraunhofer-Forschenden demonstrieren, dass sich wasserabweisende und zugleich wasserdampfdurchlässige Funktionsschichten mit biobasierten und bioabbaubaren Materialien erzeugen lassen.
Ist der Markt bereit?
Für den im EVOBIO-Projekt verfolgten umfassenden Ansatz müssen etablierte Wertschöpfungsketten zu miteinander kommunizierenden Wertschöpfungsnetzwerken weiterentwickelt werden. Sind die Unternehmen dazu bereit? Welche neuen Geschäftsmodelle sind notwendig, um Kläranlagen und Betriebe, in denen biogene Reststoffe anfallen, zu Produzenten sekundärer Rohstoffe und Materialien zu machen? Mit Blick auf die Verwertung der neuen bioökonomischen Verfahren bewerten die Partner Nützlichkeit, Machbarkeit und Transferpotenzial. Mittels Akzeptanzanalysen untersuchen sie, ob Unternehmen die Projektergebnisse als wertvoll betrachten. Zudem werden verschiedene Geschäftsmodellszenarien entwickelt und bezüglich Umsetzbarkeit und wirtschaftlicher Tragfähigkeit priorisiert.