AUFBEREITUNG & BEHANDLUNG
Effiziente Klärschlammverwertung
Netzverschmutzung in den Griff bekommen
Dass in einer, auf Eigenverbrauch optimierten, Anlage für den reibungslosen Betrieb auf hohe Stromnetzqualität geachtet werden muss, ist keine Überraschung. Denn wo viele Verbraucher sich im Stromnetz mit hohen Lasten zu- und abschalten, droht „Netzverschmutzung“ durch die beim Schalten oder Regeln entstehenden Oberwellen. Was harmlos klingt, kann das gesamte Netz ins Wanken bringen, denn Störungen einzelner Geräte können sich im Netz aufsummieren. Das Resultat ist flackerndes Licht, Sensoren, die nicht mehr richtig laufen und Sicherungen, die ausfallen.
Ohne Gegenmaßnahmen beeinträchtigen die unerwünschten Schwankungen die Netzstabilität auch über das Betriebsgelände hinaus. Energieversorger können eine solche Netzverschmutzung nicht dulden und üben Druck auf ihre Kunden aus, die Ursachen abzustellen. So auch bei den Stadtwerken Trier, wo im Jahr 2018 nach einer Netzanalyse ein aktiver Oberwellenfilter angeschafft wurde, der die Probleme beseitigen sollte. Allerdings erwies sich dieser zentrale Filter als nicht ausreichend, um innerhalb des Netzes vor Störungen gefeit zu sein. „Viele Netzteile und Generatoren in unserem Schlammpumpwerk sind damals kaputt gegangen“, erinnert sich Volker Lex, der bei den Stadtwerken Trier für die elektrische Mess-, Steuer- und Regelungstechnik in der Automatisierungstechnik zuständig ist. Grund war die, zur Steigerung der Klärgasproduktion notwendige Vorbehandlung des Schlamms: Ultraschallwellen zerkleinern den langsam in Rohren laufenden Schlamm auf dem Weg zum Faulturm, doch diese „Desintegration“ des Schlamms erzeugte lokal Oberwellen im Stromnetz.
Auch hier wurden aktive Filter eingebaut, um das Problem zu beheben. Mit Blick auf die Kosten attraktiver erschien jedoch, die Entstehung der Probleme zu vermeiden, also Geräte mit geringem Netzverschmutzungsgrad einzusetzen. Denn wenn Drehzahl und Frequenz von Motoren großer Leistung gesteuert werden, entstehen spürbare Oberwellen, die nicht immer tolerierbar sind, so dass Gegenmaßnahmen getroffen werden müssen.
Was in der Praxis zählt
Volker Lex von den Stadtwerken Trier nennt vor allem die unkomplizierten Schnittstellen als Grund für den Einsatz. Im Prinzip könnte es an Frequenzumrichtern immer mal eine Störung geben, gibt der Abwasser-Experte zu bedenken. Die Stadtwerke Trier haben für solche Fälle keine Ersatzgeräte im Lager, sondern legen die Anlagen einerseits mit Redundanz aus, andererseits so, dass im Störungsfall auf Direkt- oder Sanftanlauf umgeschaltet werden kann. So hat Lex auch allen Grund, den nächsten Realisierungsschritten bei der Klärschlammtrocknung und -verbrennung optimistisch entgegenzusehen, die in den nächsten Jahren noch den letzten Rest des im Abwasser steckenden Energiepotenzials nutzbar machen wird. „Was man aus so einer Kläranlage an Energie herausholen kann, ist schon fantastisch“, staunt der Elektrotechnikmeister.
Boris Vaihinger
Branchenmanager Wasser und Abwasser
Business Development
ABB Motion Deutschland